Reise nach Kakkavos: Wie Hellas Gold unser Leben verändert hat
Reportage: Mary Kalyviotou – Kostas Papantoniou
Quelle: http://soshalkidiki.gr/?p=8825
Englischer Beitrag: https://www.brandenburger-freidenker.de/cms/?p=1069
Sonnabend Nacht waren wir in einem der beiden „Blocks“ von Ierissos, schmalen Behelfsunterkünften an beiden Eingängen des Dorfes.
„Wenn die Aufstandsbekämpfungskräfte der Polizei in normale Häuser in Ierissos eindringen, brechen Türen,werden Kinder gewaltsam von ihren Eltern getrennt und Väter von ihren Familien und ins Gefängnis gebracht, das Dorf „blutet“. Diejenigen, die zurück blieben, haben sich entschieden, ihr eigenes „Gefängnis“ zu bauen. Sie blockierten die Eingänge zum Dorf und verlassen die Blockaden weder Tag noch Nacht.
Heute sind die Straßensperren noch lebende soziale Zellen. Einerseits, die Möglichkeit einer erneuten Polizeiinvasion des Dorfes besteht immer noch nach Meinung jedes Anwohners / Blockierers, die jede verdächtige Bewegung beobachten. Andrerseits sind die Blockaden zu Treffpunkten geworden, wo sich die Menschen treffen, diskutieren und ihren Kampf organisieren. „Wenn wir sie verlieren, verlieren wir den Kampf. Wir sind hier, wir kehren nicht in unsere Häuser zurück“.
Die Projekte von Hellas Gold, die Zerstörung der Berge und der Terror, den die Bewohner von Ierissos erfahren, hat ihr Leben entscheidend verändert. „Sie können sich nicht vorstellen, wie diese Sache uns einigt. Vor einiger Zeit konntest du jemanden auf der Straße treffen der nicht mal Guten Morgen wünschen konnte. Jetzt sehen wir uns in die Augen und wissen, was wir einander wünschen“ sagt eine junge Mutter, die im zweiten Monat schwanger war, als Polizisten mit wütenden Schlägen das Auto, in dem sie saß attakierten, ihren Mann aus dem Auto zerrten, ihn schlugen und über die Straße schleiften.
Auf den Straßen, in Cafés und Travernen treffen wir Einheimische. Lizzie hört nicht auf, uns junge Männer und Frauen, ältere Menschen mit deutlichen Alterungszeichen in ihren Gesichtern zu zeigen. „Er ist ein Terrorist. Und sie ist auch eine Terroristin. Und dieses Mädchen wurde mit erheblichen Kosten belastet. Wir laufen durchs Dorf und viele andere werden uns als „Terroristen“ gezeigt. „Hier war die ruhigste Gegend. Niemand aus unserem Dorf war jemals inhaftiert, hatte eine Strafakte, niemand. Wir lernten in der letzten Zeit das Wort Strafakte“ sagt eine Frau an der Blockade. Jetzt, über 200 Leute sind schwer angeklagt, die meisten davon sind jung. Nur, weil wir kämpfen, um unser Land, das Wasser, unsere Kinder unser Meer zu schützen.
Die Repression hat das Leben von jung und alt ruiniert. Kinderspiele haben sich verändert. Das klassische Versteckspiel und Fangen, das Generationen spielten, hat sich verwandelt: „In der Schule rufen Kinder Slogans und teilen sich selbst in zwei Gruppen, die eine Hälfte spielt Terrorist, die andere Hälfte Aufstandsbekämpfungspolizei“ beschreibt ein örtlicher Lehrer. „Wir müssen die Kinder zu Respekt zur Demokratie und den Gesetzen erziehen. Wenn sie solche Dinge erleben, antworten sie “ja aber“, sie haben Tränengas erlebt und die Verhaftung ihrer Eltern. Es bedeutet enormen Kraftaufwand, ihnen zu erklären, das das nicht normal für eine Demokratie ist. Das ist keine Demokratie.“
„Ich gebe euch ein Beispiel“ sagt ein Großvater,“Früher, wenn die Kirchenglocke läutete, bekreuzigte sich mein Enkel. Nun sagt er mir: Großvater, laß uns nach Hause gehen, sie kommen“. „Meine Enkelin“, ergänzt ein anderer Großvater, „ sah mich in schwarzer Kleidung und sagte zu mir: du bist nicht lieb, du bist böse. Ich erinnerte sie an einen Polizisten der Aufstandsbekämpfungspolizei.“
Leute beschreiben uns den Angriff der Aufstandbekämpfungspolizei auf das Dorf. Die Ereignisse werden noch mal lebendig, die Mutter eines Gefangenen verläßt aufgewühlt die Diskussion. „Ihr Kind wurde vor den Augen seiner Kinder abgeholt. Die Kinder haben geschrien, was wird mit dir geschehen Papa? Und die Polizisten der Aufstandsbekämpfungseinheit antworteten, das ‚ das das letzte Mal ist, dass ihr ihn seht, er ist ein Terrorist‘. Ich habe Kinder im Teenageralter und sie haben panische Angst von dem, was wir im Dorf erlebt haben. Eins meiner Kinder hat einen Stock unter dem Bett, weil er Angst hat, dass sie zurück kommen und unsere Tür zerbrechen“ ergänzt eine andere Mutter. „Wir können abends nicht unsere Kinder anrufen, die Polizei erhebt Gebühren auf Telefon- Diskussionen“ beschwert sich ein Vater, der selbst und sein Kind verfolgt wird. „Entsprechend dem was wir hören, ist die Anklage fast so, als würde ein Mann des Versuches des vorsätzlichen Mordes, der Bildung und Teilnahme in kriminellen Organisationen angeklagt , genau wie ein Arbeiter in der Pizzeria, der Bestellung annimmt. “ Die Pizza würde als Code für Gewehr und Pfeffer als Code für Molotow-Cocktails angenommen.“
„Sie nahmen ihn ohne irgendwelche belastenden Beweise mit. Die Männer unseres Dorfes, Leute, die nie an irgend etwas Illegalem beteiligt waren, waren plötzlich im Gefängnis. „Wir sahen uns Forderungen gegenüber, die bisher nur die Terrorgruppe „17. November“ erhalten hat“ sagt die Mutter einer verhafteten Person. Obwohl sie offensichtlich von diesem Fakt belastet ist, beteiligt sie sich aktiv am Widerstand gegen den Bergbau .“Sie besiegen ihre Angst?“ fragen wir. „Logisch“ antwortet sie ohne zu zögern.
Außer der Unterdrückung der Bewegung der Einwohner des Gebietes begegnen wir noch einer weiteren Konsequenz der Aktivitäten von Hellas Gold. Die Auswirkungen der Produktionsaktivitäten sind bereits sichtbar. „Die Bienen sind bereits gestorben“ sagt ein Imker. „Sie erlauben keine Viehhaltung, keine Landwirtschaft, niemand legt Hilfsprogramme auf, weil das Gebiet als Bergbaugebiet deklariert wurde.“ ergänzt ein Bauer.
In unserem Unternehmen da ist auch ein ein Bauarbeiter, Einwohner von M. Panagia, getauft von der Bewegung „Dikaiopoulus“ ein Held der Acharnians. „ Die Bauarbeiten hörten auf, wegen der ökonomischen Krise, aber der freie Fall der Bauaktivitäten begann, als das Gebiet als Bergbaugebiet deklariert wurde.“ Die Goldadern in den Bergen jedoch, werden teuer in einer anderen Dimension: „In M. Panagia wurden die sozialen Bindungen zerbrochen. Wir haben eine Mutter mit zwei Kindern, eins arbeitet in dem Unternehmen, das andere hat ein Gerichtsverfahren. Denk nach über diese Mutter! Geschäfte werden geteilt, Familien werden geteilt, Seelen werden geteilt. Die Angestellten kamen her, wir kämpfen für das Land und das Unternehmen beutet die Angestellten aus und sät Zwietracht.“
Der Berg verändert sich…
Am nächsten Morgen gehen wir gemeinsam mit Hunderten Demonstranten auf den Berg, den sensationellen Skouries. Der einzige enge Pfad wurde in der Breite verdreifacht mit Zement wurde eine Seite der Straße gesichert, um ein Abrutschen zu verhindern. Noch ist der Wald „präsent“ und lebendig. Einige hundert Meter später erreichen wir die erste Anlage von Hellas Gold, die von staatlichen Polizeikräften beschützt wird. Wir setzen unsere Reise fort, die Straßen werden immer breiter und wir erreichen einen Platz voller Bäume. Wir gehen im Wald bis wir die blaue Schranke und die Einzäunung sehen. Näher gekommen zeigt sich das Bild: Eine Linie, eine Grenze wurde in die Mitte des Berges gehackt, und dort, wo früher über die ganze Fläche ursprünglich Wald war, ist jetzt nur Erde zu sehen. Erde, Maschinen und Anlagen des Unternehmens.“Hier ist die Wäscherei des Unternehmens“ informiert uns jemand, der neben uns steht.
Wir setzen die Wanderung fort. Wir gehen kilometerweit zwischen Holzstapeln gefällter Bäume, links und rechts der Straße. Die Besichtigung endet abrupt, als wir an die Tore von anderen Einrichtungen von Hellas Gold, die auch von Aufstandsbekämpfungsploizeikräften geschützt werden, kommen. Dann treten wir wieder ein in jungfräulichen Wald. Um uns herum Efeu, Eichen, Buchen, Olivenbäume, Erdbeeren, Kastanien- alles mit Schnee bedeckt- und gelbes Laub, bedeckend unseren Weg.Überall sind Bäche, Quellen, Flüsse und Teiche, wo Familien im Sommer baden.
Die Szenerie ändert sich erneut abrupt. Von einem Plateau aus sehen wir vor uns eine Mondlandschaft.. Der Karatzas-Bach. Der größte Teil, ehemals dichter wilder Wald wurde beseitigt und rundherum liegt, was überlebt hat. „Wenn die Natur ärgerlich wird, bleibt nichts. Ich wünsche, sie soll ärgerlich werden und alles mit sich nehmen“ sagt ein Einwohner, der uns den ganzen Weg begleitet hat. „Dieser Platz, den sie hier sehen,“ sagt Dikaiopoulos und zeigt auf den Kontrast vor uns, „ändert sich viermal im Jahr auf unterschiedliche Weise. Dies allein ist Liebe. Was meint, ich liebte immer. Dann kam Hellas Gold und zerstörte meine Liebe. Was erwarten sie von mir für eine Reaktion? Was erwarten sie von einem liebenden Menschen für eine Reaktion? Wir werden gewinnen“…